Selbsthilfetag für taubblinde und hörsehbehinderte Frauen in Essen 2019
Selbsthilfetag für taubblinde und hörsehbehinderte Frauen am Samstag, den 23. November 2019 in Essen
Die Selbsthilfegruppe taubblinder und hörsehbehinderter Frauen in NRW traf sich zu einem gemeinsamen Frauenselbsthilfetag in Essen. Das AOK- Projekt „Taubblind sein - Selbsthilfe leben lernen“ hatte diesen Tag organisiert und finanziert und nach Essen eingeladen.
Die Selbsthilfegruppe taubblinder und hörsehbehinderter Frauen in NRW traf sich zu einem gemeinsamen Frauenselbsthilfetag in Essen. Das AOK- Projekt „Taubblind sein - Selbsthilfe leben lernen“ hatte diesen Tag organi- siert und finanziert und nach Essen eingeladen. Das Angebot wurde mit Begeisterung angenommen. 24 Frauen mit ihren Taubblindenassistentinnen waren aus ganz NRW angereist. Hinzu kamen je zwei Gebärdensprach- und Schriftdolmetscherinnendolmetscherinnen.
(Foto oben – alle Frauen bei der Begrüßung im Stuhlkreis)
Viele Frauen kennen sich schon aus den Jahren 2017 und 2018, wo damals zwei Frauenselbsthilfewochenende in Brilon stattfanden. Einige Frauen ver- bindet bereits eine tiefe Freundschaft, die die Arbeit in der Selbsthilfe ermöglicht hat. An diesem Tag sollte WenDo gezeigt werden und Übungen mit Klangscha- len durchgeführt werden, um Selbstbehauptung und Entspannung zu verbessern.
Alle Frauen waren sehr gespannt, was WenDo bedeutet, und wie sie es mit ihrer schweren Hör- und Sehbehinderung lernen können. Alle waren auch sehr neugierig auf die Übungen mit den Klangschalen. Viele Frauen hatten noch nie eine Klangschale berührt und deren Schwingungen wahrgenommen. Und natürlich gab es auch ein hohes Interesse an der Diskussion zur weiteren Arbeit der Selbsthilfegruppe taubblinder Frauen in NRW.
WenDo ist eine Methode zur Selbstverteidigung und Selbstbehauptung für Frauen und Mädchen. WenDo bedeutet der „Weg der Frauen“. Es ist ein Programm gegen Gewalt und für positives Selbstbewusstsein. WenDo be- inhaltet hilfreiche Techniken, Rollenspiele und Wahrnehmungsübungen.
Die Überraschung war perfekt! Mit toller Unterstützung durch die zwei WenDo-Trainerinnen Martina Reese und Martina Kuschel von WenDo Rheinland wurden Übungen durchgeführt, die das Selbstbewusstsein und die persönliche Kraft stärken.
Die Frauen lernten, ihre Hemmungen abzubauen und auf ein Kissen zu schlagen, um ihre Kraft zu spüren und einzuschätzen (s. Foto unten). Denn taubblinde Frauen sind sehr unsicher, wenn sie ihr Gegenüber nicht sehen und einschätzen können. Wann spüre ich, wenn Gefahr da ist? Wann darf ich bestimmt NEIN sagen? Und wann muss ich auch abwehren und im äu- ßersten Fall zuschlagen? Fragen, die die Trainerinnen sehr gut beantworten konnten und den Frauen viel Mut mitgaben.
Das Ziel der Übungen fand großen Anklang: Ein Brett konnte mit einem Faustschlag durchgeschlagen werden. Die Frauen waren begeistert und nahmen rege und mutig teil. Wer sich nicht traute mit der Faust zuzuschlagen, konnte es auch mit dem Fuß versuchen. Viele Frauen spürten ihre Kraft und ihr gewachsenes Selbstbewusstsein.
Die Trainerinnen selbst lernten viel über taubblinde und hörsehbehinderte Frauen und waren begeistert, mit wie viel Lebensmut diese Frauen durch das Leben gehen.
Regina Klein-Hitpass als ausgebildete Entspannungslehrerin brachte ihre unterschiedlich großen Klangschalen mit. Viele von uns hatten noch nie Klangschalen erlebt, gehört oder ihre Schwingungen gefühlt. Alle waren sehr begeistert, wie die wunderbaren Schwingungen der Klangschalen erlebt werden konnten, so zum Beispiel durch das Zusammenspiel von Luftballons als Überträger der Schwingungen. So konnte jede Frau spüren, wie sich Schwingungen anfühlen und uns entspannen! Die Frauen wollten immer intensiver die Entspannung durch die Klangschalen erfahren „Das ist eine tolle Erfahrung. Der ganze Körper vibriert. Ich fühle mich sehr entspannt...“, so eine Teilnehmerin des Seminars. Einige legten sich auf den Boden, um die Schwingungen der Klangschalen am ganzen Körper zu erfahren. Zwei Frauen waren so entspannt, dass sie am liebsten auf dem Boden liegen geblieben wären. Regina wies darauf hin, das sie Angebote für eine Ganzkörperentspannung anbieten kann.
Zum Abschluss des Tages berichtet Petra Stahr, Referentin für die Frauenselbsthilfe, über den Stand des Projektes. Aktuell wird das Projekt nur noch bis Ende 2020 von den AOK Rheinland/Hamburg und AOK Norwest finanziell unterstützt. Ein großes Bedauern ging durch den Raum. Wie soll denn die Frauenselbsthilfegruppe weitergeführt werden? Können wir uns denn überhaupt noch treffen? Die Gebärdendolmetscherinnen, die Taubblindenassisten- tinnen, die Schiftdolmetscherinnen, alle diese Kommunikations- hilfen, die die Frauen doch benötigen um miteinander zu sprechen... Was passiert, wenn dies nicht mehr finanziell unterstützt wird?
Flammende Reden wurden gehalten... Wir dürfen nicht aufgeben, wir müssen weiter kämpfen! Und wir müssen uns doch weiter treffen, das darf doch nicht zu Ende gehen! Frauenpower!
Dann das Ergebnis:
Sieben Frauen erklärten sich bereit, die Selbsthilfegruppe zu leiten. Sie kommen aus allen Teilen von NRW. Sie wurden von allen dort anwesenden Frauen mit Applaus bestätigt. Sieben Frauen, die im Jahr 2020 darum kämpfen wollen, dass diese wunderbare Selbsthilfegruppe bestehen bleiben kann.
Eine Sprecherin aus Bielefeld bestätigt: „Es ist so wichtig, dass wir uns treffen. Wir haben uns so viel zu erzählen, und nur hier können wir ehrlich sein und werden von den anderen Frauen verstanden.“ Eine Sprecherin aus Düsseldorf: „Wir müssen über alle gesund- heitlichen und behindertenspezifischen Themen, die uns taub- blinde und hörsehbehinderte Frauen betreffen, sprechen, sei es über unsere täglichen Belastungen oder Hilfe zur Selbsthilfe!“
Es war ein besonderer Tag! Die Sprecherinnen werden sich bald treffen, um das Jahr 2020 zu planen und zu überlegen, woher Unterstützung kommen kann. Das AOK-Projekt wird sie dabei begleiten.
DANKE an ALLE!
Dr. Karen Jahn
Petra Stahr-Hitz
Der komplette Bericht mit allen Fotos kann hier als PDF heruntergeladen werden
Sieben Frauen erklärten sich bereit, die Selbsthilfegruppe zu leiten. Sie kommen aus allen Teilen von NRW. Sie wurden von allen dort anwesenden Frauen mit Applaus bestätigt.
Schwingung der Klangschale wird über den Luftballon gefühlt
Frauen beim Schlagen und Treten des Bretts